Wenn Vertragsparteien eines bestimmten Vertrags ihren Sitz in zwei verschiedenen Mitgliedsstaaten haben, dann können diese grundsätzlich das für den Vertrag anwendbare Recht auswählen. Die Vertragsparteien können also das Recht des Staates wählen in dem sich der Sitz einer der beiden Vertragsparteien befindet, oder das Recht eines Drittstaates das mit keiner Vertragspartei „verbunden“ ist. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass das anwendbare Recht bzgl. des ganzen Vertrags oder nur zu den Vertragsbestimmungen ausgewählt wird.

Das EU-Recht – genauer die Verordnung Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) – lässt also zu, dass die Vertragsparteien durch übereinstimmende Willenserklärungen einen Vertrag abschließen mit dem sie das für ein bestimmtes Rechtsverhältnis anwendbare Recht auswählen.

Mit der Wahl des anwendbaren Rechts haben wir es jedoch nicht zu tun, wenn die Vertragsparteien  konkrete Bestimmungen des Rechts eines Staates in die Vertragsbestimmungen einfügen und gleichzeitig das Recht dieses Staates nicht als für den Vertrag anwendbare Recht vereinbaren.

Die Möglichkeit der Einfügung konkreter Bestimmungen des Rechts eines bestimmten Staates – ist grundsätzlich möglich. Dies kann man auch aus dem Wortlaut des Pkt. 13 der Präambel der o.g. Verordnung entnehmen. Gemäß des Pkt. 13 der Präambel der o.g. Verordnung:

Diese Verordnung hindert die Parteien nicht daran, in ihrem Vertrag auf ein nichtstaatliches Regelwerk oder ein internationales Übereinkommen Bezug zu nehmen.

Aus den o.g. Bestimmungen kann man darauf schließen, dass zu den Bestimmungen des Vertrags konkrete Bestimmungen eines internationalen Übereinkommens eingefügt werden können – obwohl dieses internationale Übereinkommen nicht ein Teil des auf den Vertrag anzuwenden Rechts ist (sondern einen Teil des Rechts eines Drittstaates bildet). Die Vertragsparteien können z.B. die Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenverkauf vom 11 April 1980  (CISG) in den Vertrag einfügen – obwohl die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht das für den Vertrag anwendbare Recht bilden. Die eingefügten Bestimmungen des Übereinkommens werden in so einem Fall zu zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Vertragsbestimmungen – die gemäß dem auf den Vertrag anwendbaren Recht ausgelegt werden.

Nebenbei ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der polnischen Version des o.g. Pkt. 13 der der Präambel einen etwas anderen Wortlaut als die deutsche Version haben. Die polnische Version lautet:

Niniejsze rozporządzenie nie wyłącza możliwości włączenia przez strony do umowy – na zasadzie wskazania materialnoprawnego – przepisów prawa innego niż prawo krajowe lub postanowień konwencji międzynarodowej. 

In der polnischen Version wurde also die Bezeichnung – auf Basis einer materiellrechtlichen Wahl – hinzugefügt.

Aus den Bestimmungen der deutschen Textversion geht jedoch hervor, dass die Vertragsparteien durch die Einfügung bestimmter Vorschriften eines nichtstaatliches Regelwerks oder eines internationalen Übereinkommens in den Vertrag – diese Bestimmungen nicht zum anwendbaren Recht bestimmen, aber sie als bestimmte Vertragsbestimmungen in den Vertrag einfügen.

Philipp Kolański – attorney-at-law

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